Selbstwirksamkeit auf dem Jakobsweg

Tui – O Porrino

Tagesspruch

auch der längste Marsch beginnt mit dem ersten Schritt

Laotse

interessante Begegnungen

Meine Beine sind durch die extreme Hitze, dem Staub und Dreck in Mitleidenschaft gezogen. Die Apotheke bzw. der Supermarkt mit Aloe Vera Gel haben etwas Linderung geschafft. Ein eins a Ausschlag. Aber, das ist aushaltbar.

Ich mache mich gegen 07:50 Uhr auf den Weg, dennoch so, steht es in meinem Pilgertagbuch: „heute Morgen aufgestanden und im Magen ein flaues Gefühl gehabt.“ Ich weiß nicht mehr warum, verabschiede mich von der freundlichen Mitarbeierin und laufe los. Wie immer ohne Frühstück, denn es wird sich was finden. Laut ihr soll nach einer Stunde eine Bar auftauchen.  Leider ist sie geschlossen oder ich bin zu früh. Also heißt es weiterlaufen. Wie immer habe ich zwei 1,5 Liter Wasser dabei. Das ist am Wichtigsten. Das ist auch ein Grund, warum ich probiert habe, so wenig wie möglich an Gepäck bei meiner ersten Pilgerreise dabei zu haben, denn alleine das Wasser summiert sich und somit habe ich genügend Gewicht mit mir rumzuschleppen. Doch erstaunlicherweise ist es nicht mein Rücken oder Nacken, der sich ja bisher gemeldet hat. Dort oben ist alles gut.

Ein klitze kleines Hungergefühl schleicht sich ein 😉 Alle Vata und Pittamenschen wissen ja, dass regelmäßiges Essen von Vorteil ist.

Ich laufe immer mehr durchs ursprüngliche Spanien. Es ist alles grün und passiere alte Waschhäuser.

Doch auch ein Teilstück an einer Straße müssen bezwungen werden. Obacht: in Portugal als auch in Spanien ist es als Fußgänger nur mäßig witzig. So, wie ich es gelernt habe, gegen den Verkehr zu laufen, also auf der linken Seite, ist nur bedingt zu empfehlen, denn die Portugiesen, als auch Spanier fahren ziemlich schnittig immer links. So das es mehr einem noch mehr ins Gestrüpp springen gleicht. Somit entscheide ich mich, rechts zu laufen, in der Hoffnung, dass ich früh genug von den Autofahrern erkannt werde

Irgendwann erscheint ein neues Café, richtig groß und mit tollen Außengarten. Einige andere Pilger sind hier ebenso anzutreffen. Es gibt einen frischen Orangensagt und die üblichen zwei verdächtigen Besstellungen.

Schon am Café passieren ein paar Militärfahrzeuge und Motorräder die Strecke. Ich registriere dies, denke mir aber nichts dabei.

Und dennoch, auch auf dem Jakobsweg bin ich nicht ganz von der Zivilisation abgeschnitten, denn eine Buchungsanfrage kommt per email rein. Ich darf mitten beim Weitergehen diese managen. Ich muss gestehen: Ein Hoch auf die Technik.

Ich laufe durch ein Waldstück und sinniere meine Gedanken. Und da sind sie die berühmten Fragen: wer bin ich, wer will ich sein... Während dem Laufen hat man ja Zeit. Es ist das erste Mal, das ich wirklich lange in mich gehe und diverse Gedanken zu lasse. Nicht umsonst heißt es Jakobs-Weg. Ein Weg, auf dem man sich Gedanken machen darf.

Während ich so laufe, stelle ich wieder einmal fest, dass es hier ziemlich ähnlich wie im Odenwald aussieht. Warum fliegt man nach Portugal, um eine Strecke von knapp 230 Kilometer zu laufen, um festzustellen, dass die Landschaft ähnlich wie daheim aussieht? Keine Ahnung. Es hängt wohl wirklch daran, dass ich daheim mir niemals knappe drei Wochen Zeit genommen hätte, einen Weg ganz alleine zu laufen.

Es geht immer tiefer in den Wald hinein und während ich eine kleine Pause auf einem Baumstamm mache, fahren mitten im Wald auf einmal Militärfahrzeuge. Aha. Hab ich was verpasst? Was ist hier los? Muss ich mir Gedanken machen? Kaum denke ich den Gedanken zu Ende, rennen 8 Militärs mit schweren Stiefeln, Rücksack und Maschinengewehr an mir vorbei. Bin ich in einem Truppenübungsplatz gelandet? Was zur Hölle ist hier los? Kaum ist dieser Gedanke zu Ende gedacht, rennt ein Kamerateam hinterher.

Also gut, ich laufe weiter. Nach ein paar Kilometern stehen drei Militärfahrzeuge mitten auf dem Weg. Schwer bewaffnet, nette Gesichter… Ich grüße und frage, was hier los sei. Ich habe dann heraus bekommen, dass immer am 16.06. ein 48 Stundenrennen von Tui nach Santiago beim Militär durchgeführt wird. Ich fange an zu lachen und frage: 48 Stunden von Tui nach Santiago. Ich bekomme es bestätigt, grinse und verabschiede mich. Man sind die verrückt. Es gibt noch verrücktere Menschen als den herkömmlichen Pilger.

Es geht weiter. An sich eine schöne Strecke, mitten im Wald stehe ein Dudelsackspieler und spielt wunderschöne Leider. Doch am Ende, als O Porrino immer näher rückt, wirds richtig doof. Ich passiere ewig lang eine Straße, die durch ein Industriegebiet führt. Hübsch ist anders.

Aber nuja. Den Weg kann man sich auch im normalen Leben nicht aussuchen. Ich bin ja hier nicht nur fürs Auge unterwegs. Ich komme in O Porrino an und finde eine Herberge. Sie erfüllt ihren Zweck, ist für die Verhältnisse in 2021 aber schon quasi überbelegt.

Ich gehe runter in ein Restaurant, mir ist immer noch flau im Magen. Evtl. merke ich die Anstrengung. Während ich so da sitze, die  Leute beobachte, kommt auf einmal Larissa von der zweiten Etappe (Vila Cha) angelaufen. Wir trinken gemeinsam noch etwas , tauschen uns aus, sie will aber noch weiter laufen.

Da ich diesmal noch nicht so lange unterwegs bin, der Tag noch jung ist, tausche ich mich in der facebookgruppe von Anne Chantal aus und verabrede mich mit zwei anderen Pilgern, die auch in O Porrino sind, zum Abendessen.

 

Zahlen, Daten, Fakten

Ausgaben ca. 46 € inkl. Essen, schlafen, Wein usw.

16,5 km. Laufzeit 3,5 Stunden, insgesamt 05:11 Stunden unterwegs

höchster Punkt 180m, niedrigster Punkt 160m